Zweifel an vorläufigem Ergebnis
Präsident Maduro gewinnt laut Wahlbehörde in Venezuela– auch Opposition reklamiert Wahlsieg für sich
Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro winkt seinen Anhängern zu während einer Wahlkampfveranstaltung im Stadtteil Catia in Caracas.
Quelle: Matias Delacroix/AP
Amtsinhaber Nicolás Maduro wird nach vorläufigen Ergebnissen zum Sieger der Präsidentschaftswahl in Venezuela erklärt, doch die Opposition meldet Unregelmäßigkeiten und erklärt, ihr Kandidat liege vorn. Die Entscheidung könnte gravierende Auswirkungen auf die gesamte Region haben.
Caracas. Amtsinhaber Nicolás Maduro ist vom Vorsitzenden des Wahlrats zum Sieger der Präsidentschaftswahl in Venezuela erklärt worden. Elvis Amoroso, der Leiter des Wahlrats, sagte, Maduro habe sich einen Stimmanteil von 51,2 Prozent gesichert. Der Oppositionskandidat Edmundo González vom Oppositionsbündnis Plataforma Unitaria Democrática sei auf einen Stimmenanteil von 44,2 Prozent gekommen. Dieses vorläufige Ergebnis basiere auf den Stimmen aus 80 Prozent der Wahllokale. Maduro sei nicht mehr einzuholen.
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Nach der Verkündigung des Siegs von Amtsinhaber Nicolás Maduro durch den Nationalen Wahlrat reklamierte auch die Opposition den Sieg bei der Präsidentschaftswahl für sich. Die Opposition berichtete von Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang am Sonntag. Oppositionskandidat Edmundo González sagte in seiner ersten Stellungnahme: „Die Venezolaner und die ganze Welt wissen, was passiert ist.“ Die Oppositionsführerin María Corina Machado, die dabei an seiner Seite stand, sagte, der Vorsprung von González sei „überwältigend“. Der Opposition lägen Ergebnisse aus etwa 40 Prozent der Wahlurnen im Land vor, sagte sie.
Edmundo González, der venezolanische Präsidentschaftskandidat der Opposition.
Quelle: Cristian Hernandez/AP
Die Wahlbehörde, die von Maduro-Getreuen kontrolliert wird, hatte indes noch keine offiziellen Auszählungsergebnisse aus den etwa 30.000 Wahllokalen veröffentlicht, was die Fähigkeiten der Opposition behinderte, das Ergebnis zu überprüfen. Die Verzögerung bei der Veröffentlichung der Ergebnisse deutete auf eine Kontroverse innerhalb der Regierung in Bezug darauf hin, wie damit umzugehen ist, dass die Gegner Maduros bereits früh am Abend einen Sieg für sich reklamiert hatten. Vertreter der Opposition hatten erklärt, die Auszählungsergebnisse, über die sie informiert worden seien, zeigten, dass González Maduro geschlagen habe.
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Opposition lag laut Umfragen vorne
Neben dem autoritären Präsidenten Maduro, der eine dritte Amtszeit anstrebt, bewarben sich neun weitere Kandidaten um das höchste Staatsamt. Zuletzt wurden zahlreiche Oppositionelle festgenommen und regierungskritische Kandidaten nicht zur Wahl zugelassen. Die Nichtregierungsorganisation Foro Penal berichtete von mehr als 300 politischen Häftlingen. Der populären Oppositionsführerin María Corina Machado wurde wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten aus ihrer Zeit als Abgeordnete die Ausübung öffentlicher Ämter für 15 Jahre untersagt. An ihrer Stelle trat schließlich der bis vor Kurzem noch weitgehend unbekannte frühere Diplomat González bei der Präsidentenwahl an. Ihm wurden die besten Chancen neben Maduro zugerechnet. Mehr als 21 Millionen Menschen im In- und Ausland waren zur Wahl aufgerufen.
Maduro kann nun im Januar 2025 seine dritte sechsjährige Amtszeit antreten. Dabei waren die Chancen auf einen Politikwechsel in Caracas nach Einschätzung von Beobachtern so gut wie lange nicht mehr. Im Gegensatz zu den Wahlen vor sechs Jahren zeigte sich die Opposition diesmal geschlossen. Zudem waren angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage auch bislang treue Anhängerinnen und Anhänger von der sozialistischen Regierung enttäuscht. Über 80 Prozent der Bevölkerung leben in dem einst reichen Land mit großen Erdölvorkommen unter der Armutsgrenze. Immer wieder kommt es zu Stromausfällen. Gas, Medikamente und Benzin sind knapp. Mehr als sieben Millionen Menschen – ein Viertel der Bevölkerung – haben Venezuela in den letzten zehn Jahren wegen Armut und Gewalt verlassen.
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Europäische Union durfte keine Wahlbeobachter schicken
Allerdings schürte Maduro zuletzt Angst vor Chaos beim Sieg der Opposition. So warnte er vor einem Blutbad und einem Bürgerkrieg in Venezuela, sollte er bei der Abstimmung nicht wiedergewählt werden. Nach seiner Stimmabgabe sagte er, dass sein Wahlsieg „die einzige Option für den Frieden“ sei. Das Wahlsystem in Venezuela bezeichnete er zum wiederholten Male als das „zuverlässigste, transparenteste und sicherste Wahlsystem der Welt“.
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Die EU war bei der Abstimmung nicht mit Beobachterinnen und Beobachter vertreten, da Venezuelas Wahlbehörde eine Einladung aufgrund bestehender personenbezogener Sanktionen gegen Vertreter des Nationalen Wahlrats widerrufen hatte. Vier lateinamerikanische Ex‑Präsidenten wurden am Freitag nach Angaben der panamaischen Behörden an der Anreise zur Wahlbeobachtung gehindert. Die Vereinten Nationen haben zwar einige Wahlexpertinnen und Wahlexperten entsandt, allerdings sind ihre Rollen begrenzt, da das Gremium keine öffentlichen Erklärungen zur Bewertung des Wahlverlaufs abgibt.
Putin gratuliert Maduro zum Wahlsieg
Kremlchef Wladimir Putin hat dem Amtsinhaber Nicolás Maduro zum Wahlsieg gratuliert. In einem vom Kreml veröffentlichten Telegramm übermittelte er die „herzlichsten Gratulationen“. „Die russisch-venezolanischen Beziehungen tragen den Charakter einer strategischen Partnerschaft. Ich bin überzeugt, dass Ihre Handlungen an der Spitze des Staates auch weiter eine fortschreitende Entwicklung in alle Richtungen ermöglichen“, hieß es in dem Schreiben. Russland sei bereit, mit Venezuela auch in internationalen Fragen weiter zusammenzuarbeiten. Maduro sei in Russland stets ein gern gesehener Gast. „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg sowie Gesundheit und Wohlergehen“, schrieb Putin laut Kreml.
Maduro hatte im März nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Russland als einer der ersten Staatschefs Putin zur Wiederwahl gratuliert. Maduro, der Venezuela seit 2013 ebenfalls autoritär regiert, bezeichnete den Sieg des „älteren Bruders“ als gutes Vorzeichen für die ganze Welt.
USA und Chile äußern Zweifel an Maduros Wahlsieg
Die USA äußerten Zweifel an dem von der Wahlkommission verkündeten Ergebnis. „Wir haben ernsthafte Bedenken, dass das angekündigte Ergebnis weder den Willen noch die Stimmen des venezolanischen Volkes widerspiegelt“, sagte Außenminister Antony Blinken laut US-Medien. Er forderte die Wahlkommission auf, die vollständigen Ergebnisse zu veröffentlichen. Jede Stimme müsse fair und transparent ausgezählt werden. „Die internationale Gemeinschaft beobachtet das sehr genau und wird entsprechend reagieren“, ergänzte er. Der chilenische Präsident Gabriel Boric hielt den verkündeten Sieg von Maduro vorerst ebenfalls für wenig glaubwürdig. Das „Maduro-Regime“ müsse verstehen, dass dem kaum Glauben zu schenken sei, sagte er. „Wir werden kein Ergebnis anerkennen, das nicht überprüfbar ist.“
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RND/AP/dpa/nis/sth